Archiv für 30. Januar 2011

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Sonntag, 30. Januar 2011

Wie eine Demokratie abgeschafft wird – Deutschland in Angst vor seinen Bürgern

Heute erlebte ich das Chaos in Wuppertal – ein Chaos, welches man am besten mit Kriegsrecht beschreiben kann, wären auch noch Schüsse gefallen.

Wir wollten eigentlich nur mal eben in die Stadt um einzukaufen. Doch was ist hier los? Auf allen Strassen Richtung Stadt Stau mit vollkommenem Stillstand.

Dann ging doch was weiter und wir sahen die erste Strassensperre.

Schnell fanden wir heraus, dass heute eine Demonstration der NPD angemeldet ist. Aber für eine Demonstration werden die Strassen gesperrt?

Nun, später wussten wir, dass die Antifa eine Gegendemo organisiert hat.

Auch ok, sowas passiert immer irgendwie – es gibt ja das Demonstrationsrecht.

Als ortskundiger Wuppertaler fand ich schnell einige Schleichwege, die uns zumindest nahe an die Innenstadt heran brachte.

Plötzlich Lärm über uns – ein Polizeihubschrauber. Ok, das ist auch normal – soweit.

Und dann wurde mir klar, was hier los ist. Die Polizei hat beide Innenstädte, nämlich Barmen und Elberfeld hermetisch abgeriegelt.

Zuvor sahen wir eine Gruppe von etwa 60 NPD Anhängern, die versucht haben, ihre Demo zu erreichen, doch sie wurden durch die Zugangssperren durch die Polizei daran gehindert.

Sämtlicher ÖPNV war eingestellt, es fuhren weder die Schwebebahn noch Busse noch kamen Taxen, Autos und sogar Fussgänger durch die Polizeisperren.

Alle taktisch relevanten Strassen und Brücken waren dicht.

Leider hatte ich nur mein Handy dabei um einige Fotos zu machen.

Bahnhof Unterbarmen inkl. Brücke beidseitig gesperrt

Am Bahnhof Unterbarmen waren etwa 50 Polizisten, deren Auftrag es war, den Ausstieg von ca 30 NPD Anhängern aus dem nächsten Zug zu unterstützen, was rund 150 Antifaschisten verhindern wollten. Doch da waren auch schon sämtliche Bahnverbindungen von und nach Wuppertal unterbrochen worden. Hier kam es zu gewaltätigen Auseinandersetzungen mit der Polizei.

Polizeisperren in mehreren Ringen

B7 Vollsperrung

Jetzt war ich persönlich gefordert – ich wollte es genau wissen. Schaffen wir es zum Media Markt in Elberfeld?

Wir durchbrechen die Polizeisperre zum Mediamarkt

Es gab hier und da Durchgangskontrollen – nennen wir sie einfach, der Historie zu Liebe Check-Points.

Und hier war er, unser Check-Point Alpha um in die vom Media-Markt besetzte Zone zu gelangen.

Da spricht doch tatsächlich einer der Beamten: “Hier ist gesperrt, hier kommt niemand durch!”

Nach einer kurzen Diskussion kamen wir dann aber eben doch durch.

Vielleicht hat sie meine M65-Feldjacke der US Army (wer sie noch kennt, es ist die Schimanski Jacke, ja genau DIE) beeindruckt.

Vielleicht aber auch nicht – ich hätte es zu gerne als weiteren Aufhänger genommen, die Grundsätze einer Demokratie in Frage zu stellen. Ach nein, Demokratie haben wir in Deutschland ja gar nicht aber dazu später mehr.

B7 am Samstag Nachmittag – Das geht nur bei Ausgangssperre

B7 am Samstag Nachmittag bei Ausgangssperre

Ich bin dann Abends nochmal mit meiner richtigen Kamera los – eigentlich musste ich nochmal zum Media Markt aber ich dachte, vielleicht ist ja noch was los.

Und was da los war. Aufgrund des Verkehrschaos überall, habe ich eine ganze Reihe vermeintlich cooler Schleichwege genommen.

Mit wenig Erfolg….

Polizeiabsperrung am Neuenteich

Polizei: Mehr als 2000 Beamte waren im Einsatz

Selbst durch das Gebüsch brauchte man sich nicht zu schlagen

Checkpoint Bravo: Hier kommt niemand durch

Die fahren nicht, die stehen da – Als Wagenburg

Die Polizei kam aus bis zu 200km Entfernung angereist

Bis in die Abendstunden war Elberfeld abgeriegelt

Das Ergebnis war das totale Verkehrschaos

Polizei bis zum Horizont

Nicht alle Polizeiautos haben den Einsatz überlebt und mussten abgeschleppt werden

Egal welchen Schleichweg man nehmen wollte

man konnte sich der Polizei nicht entziehen

Jetzt möchte ich aber noch einige persönliche Worte hinzufügen.

In der Presse liest man:

Oberbürgermeister Peter Jung rief die Wuppertaler dazu auf, den öffentlichen Raum nicht den Rechtsextremen zu überlassen: “Wir wollen keine Neo-Nazis in Wuppertal.”

NRW-Integrationsminister Guntram Schneider hielt eine flammende Rede, die sich wohl am ehesten durch das Adjektiv “rustikal” umschreiben lässt. Er forderte die Abschaffung rechtsradikaler Parteien und die Änderung des Demonstrationsrechts.

Mein Eindruck war viel mehr, dass man hier ganz klar gegen die Grundsätze auf die Demonstrationsfreiheit verstossen hat.

Beide Parteien wurden massiv an der Ausübung ihrer Demonstrations- und Versammlungsfreiheit gehindert.

Und wenn ein Minister fordert, das Demonstrationsrecht zu ändern und dies im Zusammenhang mit unliebsamen Gruppierungen, dann hat dieser Minister die Grundsätze der Demokratie nicht verstanden.

Heute ist es eine NPD, die als verboten gilt, da schreien die Antifaschisten, dass sei richtig so, niemand will Nazis.

Das kann man sehen wie man will, grundsätzlich sind aber genau solche Äusserungen faschistisch. Jeder hat das Recht, eine Partei zu gründen und jeder hat das Recht, seine Meinung kund zu tun und jeder darf das im Wege einer Demonstration oder Kundgebung tun und niemand hat das Recht, ihn daran zu hindern. Kein Oberbürgermeister, kein Minister und schon gar keine Polizei.

Heute sind es die Nazis, morgen die Antifaschisten und übermorgen wird uns von den Islamisten das Christentum verboten.

In was für einer Welt leben wir eigentlich?

Wenn mir heute eines klar geworden ist, dann dies: Deutschland hat Angst vor seinen Bürgern, Deutschland verurteilt seine Bürger für etwas, das sie noch gar nicht getan haben sondern vielleicht möglicherweise erst eventuell tun könnten.

Es ist eine Sauerei, die heute in Wuppertal passiert ist. Im gesamten südlichen Mittelmeerraum hat das genau so angefangen – wann wird das in Deutschland so enden wie jetzt in Ägypten?

Ich hatte schon insgeheim gehofft, dass heute im Laufe des Tages das GSM Netz ausgeschaltet wird – ich hätte es erwartet.

Natürlich würde jeder schreien, wenn die Antifa auf die NPD Demonstranten getroffen wären. Es wären Steine geflogen und es hätte Schlägereien gegeben. Ja und? Dafür waren doch wohl mehr als genug Polizisten da.

Es gab rund 2000 Demonstranten der Antifa und nach inoffiziellen Polizeiangaben etwa 100 Demonstranten der NPD. Weitere 100 sind schon in Oberbarmen nicht mehr durch die Absperrungen gekommen. Und auf die 2100 Leutchen, wovon vielleicht gerade mal 300 dem schwarzen Block zuzuschreiben sind, haben mehr als 2000 bewaffnete Polizisten gestanden. Wobei ich eigentlich dachte, mal gehört zu haben, dass Polizisten Schusswaffen auf einer Demo nicht tragen dürfen. Da habe ich wieder was gelernt.

Es waren ausserdem mehrere Hundestaffeln im Einsatz, von denen beim kleinsten aufkeimen einer Diskussion mit den Demonstranten umgehend Gebrauch gemacht wurde.

DU bist Deutschland!

PS: Dann habe ich noch eine ganz spezielle Frage. Es waren ab 1400 Uhr dauerhaft drei Polizeihubschrauber im Einsatz, die den ganzen Tag über den Wuppertaler Innenstädten kreisten. Um 1500 Uhr tauchte zudem ein grosser olivfarbener Transporthubschrauber auf. Solche Helikopter hat doch eigentlich nur die Bundeswehr oder? Was zum Teufel hat die Bundeswehr bitteschön auf einer Demonstration zu suchen?

PPS: Ich hätte ausserdem etwas mehr Weitsicht der Demonstranten erwartet. Wenn in einer Stadt wie Wuppertal, durch deren gesamte Länge ein schnell fliessender Fluss fliesst, warum kommt da niemand auf die Idee, die Polizeiabsperrungen mit Schlauchbooten zu durchbrechen? Ich bin mir sicher, wenn die Polizei aus dem Staunen heraus gekommen wäre, wären die Demonstranten schon lange in der Elberfelder City angelandet. An den wenigsten Stellen wäre es überhaupt möglich, Schlauchboote in der Wupper zu stoppen. Und aus der Luft wegen der Schwebebahn sowieso nicht. Also wenn ich politisch motiviert wäre und zu Demos gehen würde, ich würde mein Boot in Wuppertal aufpumpen und Spass haben.

Alternativ weiss man als Wuppertaler auch, dass es über 300km unterirdische Kanalisation gibt, durch die die ganzen Bäche geleitet werden. Nehmen wir als Beispiel den Mirker Bach. Der erste Blockadering am Mirker Bach war an der unteren Uellendahler Strasse. 50 Meter links der Uellendahler Strasse geht der Mirker Bach in den Untergrund. Hier kann man ganz problemlos in 1.80m hohen Gewölben unterirdisch bis in die Elberfelder Innenstadt laufen und kommt über eine fest montierte Leiter gleich am Döppersberg raus. Stattdessen haben die Demonstranten verzweifelt versucht, durch die ganzen Blockaderinge der Polizei zu kommen.
Würde es wirklich mal zu extremen Ausschreitungen kommen, gar nicht auszudenken, was in Wuppertal alles geht, wenn man sich nur ein wenig auskennt.