GABIS GESCHICHTE 1


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Gabi´s Geschichte

Wieder einmal neigte sich meine Nachtschicht langsam dem Ende zu.
Es war die Nacht von Donnerstag auf Freitag, den 18.10.2002.
Diese Nacht würde ich so schnell nicht wieder vergessen.
In den frühen Morgenstunden,
gegen 03:03 Uhr bekam ich von meiner Taxizentrale Wuppertal
einen Fahrauftrag.
Mein Datenfunkgerät zeigte die Bestellung >>Schlesische Straße Nr. 4<< an.
Ich bestätigte, startete den Motor meines Taxis,
der 169, und fuhr los in Richtung Langerfeld.
Auf dem Weg dorthin meldete ich der Taxizentrale
noch eine Behinderung in der Gildenstraße,
die aufgrund eines Brandes gesperrt war. Ich ahnte nicht, das
dies vorerst der letzte Kontakt zur Taxizentrale gewesen sein sollte.
An meinem Zielort angekommen,
fuhr ich wegen der dort herrschenden Dunkelheit sehr langsam.
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Ups, zu weit. Da war schon die Nummer 8. Ich war etwas zu weit gefahren.
Ich bremste, legte den Rückwärtsgang ein und drehte mich halb rechts um,
während ich zurücksetzte.
Weder jetzt, noch vorher war jemand in der Straße oder sonst wo zu sehen.
Plötzlich und ganz unerwartet wurde hinter mir die Taxitür geöffnet.
Es stieg jemand ein. Es vergingen keine zwei  Sekunden und es war jemand eingestiegen,direkt hinter mir.
Noch bevor ich irgendwas sagen konnte, spürte ich etwas hartes,
festes an meine Rippen.
Eine männliche Stimme sagte sofort:
>>Das ist eine Pistole! Fahr !<<
Irgendwie nahm ich wahr ,da ich sofort im Rückspiegel schaute,
das der Mann maskiert war und ich wusste sofort:
>>Jetzt wird´s ernst.<<
Ich war so erschrocken über das,
was hier geschah, das mir augenblicklich schwindelig wurde.
Fahr los!!!! meinte der Maskierte.
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>>Mir ist schwindelig<< sagte ich.
Da packte mich der Maskierte  von hinten am Hals und meinte:
>>Wenn du tust, was ich  dir sage, dann passiert dir nichts. Fahr jetzt!<<
Er gab kein Fahrziel an, sondern dirigierte mich durch die Straßen Wuppertals.
Als ich Ihn fragte warum er das mache, antwortet er:
>>Ich bin auf der Flucht, abgehauen aus dem Knast.
Ich habe lebenslänglich, weil ich Zwei umgelegt habe.
Auf keinen Fall gehe ich wieder in den Knast.
Dich umzulegen macht mir auch nichts aus.<<
Dann verlangte er von mir den Funk abzustellen.
Das, das nicht gehe, weil alles zusammen gekoppelt sei,
akzeptierte er, indem er nichts sagte.
Als nächstes kam die Anweisung,
das meine Hände oberhalb am Lenkrad zu bleiben hätten.
Immer wieder sprach ich mit Ihm und erfuhr,
er wäre überrascht gewesen ,
das eine Fahrerin gekommen wäre.
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Wir fuhren mittlerweile die Straße >>Werbsiepen<< hoch.
Eine Straße, die wegen der Dunkelheit dort, für mich sehr unangenehm war.
Dann weiter über die >>Linde<<.
Von dort aus sah man deutlich das Licht der Justiz Vollzugsanstallt Remscheid.
Deshalb fragte ich Ihn:
>>Wenn du ausgebüxt bist,
warum lässt du dich dann in die Nähe des Knastes fahren? <<
Ihm war aber diese JVA nicht bekannt und er sagte, er sei im Raum Köln abgehauen.
Ich musste alles was er mir sagte, glauben, es gab keine Alternative.
Er befahl mir dann, nach links ab zu biegen
( Richtung Beyenburg ).
Mich packte eine große Angst nach Beyenburg zu fahren,
weil dies eine ländliche und sehr dunkle Gegend ist.
Ich versuchte Ihn umzustimmen und machte den Vorschlag,
doch auf die Autobahn zu fahren.
Nein, es musste Beyenburg sein.
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Verflixt, ausgerechnet dahin, wo der Funk und Telefonkontakt sehr schlecht ist.
Mir wurde übel und ich dachte nur:
>>Vielleicht ersäuft er dich in der Talsperre<<.
Mein Gehirn schien zu explodieren.
Alle Gedanken kamen auf einmal.
Sie rotierten um die Frage, warum ausgerechnet Beyenburg.
>>Na klar, da findet man dich nicht so schnell<< ging es mir durch den Kopf.
>>Wie ist es, wenn man durch eine Kugel stirbt?
Was ist, wenn man nicht sofort tot ist und Elendig verreckt?
Wo geht die Kugel hin? Kopf? Bauch? Beine?<<
Dann wieder die anderen Gedanken.
>>Was muss ich tun?<<
Nun waren wir auf >>Sondern – Windfoche<< da oben.
Ich sagte:
>>Man, lass mich doch hier laufen. Ich habe sechs Kinder.
Du bist im gleichen Alter wie mein Ältester.
Stell dir doch mal vor,
ich könnte deine Mutter sein<<
Ich arbeitete fieberhaft daran, eine ,so wie Mutter-Kind Beziehung aufzubauen.
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Er antwortete:
>>Sie ist seit fünf Jahren tot.<<
Ich bettelte und flehte Ihn an, er möge mich doch hier heraus lassen,
aber all mein betteln hatte keinen Erfolg.
Dann erreichten wir die >>Kurvenstraße<< .
Wieder bat ich Ihn eindringlich, mich doch hier heraus zulassen.
Er kommandierte dies mit einem mürrischen:
>>Halt den Mund! Willst du mich verarschen?<<

Irgendwie, ja irgendwie musste ich versuchen, den Alarm auszulösen.
Das war mir schon früher durch den Kopf gegangen,
aber ich hatte es aus Angst wieder verworfen.
und trotzdem, irgendwie musste
mir das jetzt gelingen.
Ich versuchte mich so unauffällig wie möglich zu bewegen,
mit den Füßen.
Der Stille Alarm über Funk wäre genau das was ich brauchte –
könnte mein Leben retten.
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Ja, hätte ich dann auch den richtigen Alarm getroffen.
Aber nein, bei meinem Glück erwischte ich den,
den ich am wenigsten gebrauchen konnte.
Der akustische Alarm ging los.
Ich bekam selber fast einen Herzschlag
als er durch lautes Hupen ausgelöst wurde.
Sofort Unruhe.
Der Maskierte hatte sich nicht unter Kontrolle.
Und ich dachte, jetzt drückt  er ab.
Er drückte mir die Pistole feste an die Schläfe und schrie aufgeregt:
>>Was hast du gemacht? Stell das ab, stell das ab.<<
Ich verteidigte mich damit, dass ich doch die Hände, wie befohlen,
am Lenkrad habe. Er schrie wieder:
>>Stell das ab!<<
Mir viel im ersten Moment gar nichts mehr ein, wie ich das ausstellen konnte.
Aber mit der Waffe am Kopf,
welche er nun noch fester gegen meine Schläfe drückte,
wusste ich es plötzlich wieder. Ich betete, lieber Gott
hilf mir, bitte.
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Ich hatte inständig gehofft,
dass irgend jemand in den umliegenden3-4 Häusern
durch den Krach aufmerksam geworden wäre.
Aber nichts rührte sich. Kein Licht ging an.
Keine Gardine bewegte sich, einfach gar nichts.
Ab diesem Vorfall musste ich nun auf den Beifahrersitz.
Mensch, noch in der Kurvenstraße hatte ich überlegt,
gegen eine Hauswand zu fahren, wie
ich früher immer sagte!
Oder irgend etwas anderes zu tun, aber was, sollte ich tun, als er
noch hinter mir saß und die Pistole in meinen Rippen drückte?
Jetzt saß ich da und überlegte, ob es besser gewesen
wäre, gegen ein Haus
zu fahren. Dann der Geistesblitz, BEI DEM AUFPRALL KÖNNTE SICH AUCH NOCH EINE KUGEL LÖSEN.
Deswegen habe ich wohl diese Chance nicht genutzt.
Hinterher ist man immer schlauer.
Nun saß er auf meinem Fahrersitz.
Er fuhr los und ich war überrascht,
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wie gut und schnell er mit dem
Taxi fuhr.
Es ging in Richtung Schwelm und ich bekam immer mehr den Eindruck,
das er eine unbewohnte Gegend suchte,
wo keine Häuser standen.
Wieder kreisten meine Gedanken.
Da er sehr schnell fuhr, verwarf ich jedoch die Überlegung,
mich aus dem Auto fallen zu lassen,
schnell wieder.
Da wollte ich doch lieber alles andere,
was da noch kommen könnte, im Kauf nehmen.
Wir näherten uns wieder vereinzelt stehenden Häusern.
Das passte Ihm offensichtlich gar nicht und er fuhr zurück.
Er fand den Waldweg zur >>Weuste<<,
der mir vorher aus anderer Richtung kommend,
selbst gar nicht aufgefallen war. Und da es Schwelmer Gebiet war,
kannte ich die Weuste dort nicht.
Mir wurde sofort übel.
Es war ein schwarzer, dunkler Waldweg ohne Beleuchtung.
Nach einiger Zeit brachte er das Taxi zum Stehen.
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Und noch einmal appellierte ich an Ihn,
bitte mit dem was du tust, denke doch an meine Kinder.
Auf keinen Fall wollte ich in diesen Waldstück , denn es war  mir seht Unheimlich, hier findet man mich nie und sagte zu Ihm:
>>Ich habe Angst<<
Seine Antwort war:
>>Deine Kinder bekommen ihre Mutter wieder<<.
Ob tot oder lebendig sagte er aber nicht.
Diese Frage durchbohrte mein Gehirn und dachte mein Kopf explodiert.
Jetzt verlangte er, ich solle Ihm das Commandsystem vom Auto erklären. Ja , das war noch ein bisschen Zeit.Ich tat es.
Dann fragte er nach meinem Geld  und Handy s. Ich gab Ihm alles.
Ich fragte Ihn, ob ich wenigstens mein Handy
und meine Papiere behalten könnte.
Aber da hob er die Waffe,
welche die ganze Zeit auf mich gerichtet war, wieder etwas höher.
>>Okay, Okay, wenigstens meine Karte<<
bat ich.
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Er erlaubte es, worauf ich unter seiner Beobachtung versuchte,
mein Handy zu öffnen, um die Karte heraus zu bekommen.
Es gelang mir nich, da ich zu nervös war. Er nahm das Handy zu meinen erstaunen, löste die Karte und gab sie mir –
alles natürlich mit Handschuhen. Nun musste ich aussteigen.
>>Ach du lieber Gott! Was kommt jetzt?<<
Er befahl mir zum Kofferraum zu gehen, den er öffnete und dabei sagte:
>>Ich werde dich nicht umbringen oder vergewaltigen. Bleib ruhig<<.
Ach du liebe Güte, ich habe an alles gedacht, aber nicht an so was.
Er machte meine Geldbörse auf,
nahm meine Papiere heraus und schmiss sie in den Kofferraum.
Meinen Personalausweis behielt er und befahl mir,
meine Adresse aufzuschreiben.
Papier und Kugelschreiber fand er in meiner Tasche.
Ich wollte wissen, warum er meine Adresse haben wollte
und er antwortete mir:
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>>Meine Kumpels kommen bei Dir zu Hause vorbei,
falls ich geschnappt werde<<.
Ich sammelte einige meiner Sachen ein
und schmiss sie in meine Handtasche, die ich mir dann –
irgendwie aus Reflex  oder wie auch immer- vor die Brust hielt.
Obwohl das sicher nicht viel gebracht hätte, wenn er die Waffe abfeuert hätte.
Dann griff er zum Wagenheber.
>>Oh Gott<<,
kreisten mir die Gedanken durch den Kopf.
>>Jetzt erschlägt er dich damit. Aber warum damit?<<
Er gab mir den Wagenheber und ich sah Ihn ziemlich ungläubig an.
>>Du hast doch Angst – oder?<<
Mir stieg blitzartig der Gedanke in dem Kopf:
>>Jetzt zuschlagen!<<
Aber gleichzeitig fiel mir ein,
das er mit seiner Waffe schneller gewesen wäre.
Also verwarf ich den Gedanken wieder und wartete auf das, was jetzt passieren sollte.
Der Maskierte jedoch stieg in´s Taxi und fuhr weg.
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>>Gott sei Dank<<.
Ich war allein.
Mit dem Wagenheber und meiner Tasche.
Um mich herum war es schwarz.
So dunkel, das ich nicht sah, wohin der Weg führte,
auf dem ich da stand.
Ich dachte nur noch:
>>Weg von hier, so schnell wie möglich weg von hier<<.
So schnell wie möglich versuchte ich dort weg zu kommen.
Völlig außer Puste –
ich dachte, mir platzen gleich die Lungen –
als ich plötzlich das Taxi wieder  hörte und dann auch sah.
Und ehe ich mich versah,
stand der Maskierte neben mir und befahl mir wieder einzusteigen.
>>Oh nein, dass kann doch nicht wahr sein<<
Er sagte:
>>Ich kann dich nicht laufen lassen<<
und richtete wieder die Pistole auf mich.
Somit blieb mir nichts anderes übrig,
als wieder in das Taxi zu steigen.
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Es ging wieder zurück über die Kurvenstraße in Richtung Lüttringhausen
Anschließend über die Barmer Straße,
als an einer kleinen Kreuzung zwei Polizeiautos
( ein Mannschaftswagen und ein kleineres Polizeiauto )
entgegen kamen.
Mein Herz machte einen Freudensprung.
Dachte tatsächlich,
der Alarm hat doch etwas gebracht .
Zu schön um wahr zu sein.
Aber die Polizei fuhr einfach weiter,
haben keine Notiz von einen Maskierten Taxifahrer genommen.
Das nahm mir in diesem Moment einfach jegliche Illusion.
Mein maskierter Entführer
bog vor Schreck sofort auf die Autobahn A 1 in Richtung Köln ab.
Mir ging durch den Kopf,
das dies jetzt wohl die letzten Stunden
oder Minuten meines Lebens sein würden.
Wieder sagte er:
>>Ich kann dich nicht laufen lassen<<.
Wie schon vorher versuchte ich mit Ihm zu reden.
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Und ich redete ununterbrochen auf Ihn ein,
bis er die Musik voll auf drehte,
wohl um mich nicht mehr hören zu müssen.
200 Stundenkilometer fuhr er nur mit einer Hand.
Mit der anderen richtete er permanent
die Waffe auf mich.
Er reagierte nur mit einem Kopfschütteln,
als ich ihn bat,
doch wenigstens während der Fahrt die Waffe herunter zu nehmen,
da ich bei so einer Geschwindigkeit ja eh nichts gegen Ihn machen könnte.
Meine wiederholte Frage,
ob er mich raus lassen würde,
hatte auch keine Reaktion mehr zur folge.
Das war mir furchtbar und unheimlich.
Wo will er hin?
Ich wollte Weinen, aber es ging nicht.
Meine Gedanken fingen wieder an zu kreisen und ich überlegte tatsächlich
>>nun komme ich nicht einmal unter die Erde.
Hast ja keine Versicherung für so was abgeschlossen<<

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Dann der Gedanke,
vielleicht sammeln deine Kollegen für deinen Beerdigung.
Meine bevorstehende, unangenehme Untersuchung
hätte sich ja nun auch erledigt.
Das waren so meine Gedanken.
Es ist erstaunlich, was einem in solch einer Situation alles durch den Kopf geht.
Irgendwelche Geistesblitze eben.
Wir erreichten die Abfahrt Burscheid und er verließ die Autobahn.
Es folgte eine Irr fahrt über die Landstraßen.
Jeder dunkle Weg war unserer.
Überall fuhr er hinein.
Ich wusste, er sucht etwas.
Eine einsame Stelle, um sich meiner zu entledigen.
Aber Gott sei Dank waren da immer wieder vereinzelte Häuser.
Auf seiner Suche hielt er irgendwann plötzlich an.
Keine Ahnung, was nun los war.
Er gab mir  Münzen, um Zigaretten zu ziehen.
Das Taxi parkte er so nah am Automaten, dass ich nicht aus dem Auto steigen musste.
Ich zog Ihm die Zigaretten .Und da ich auch einmal geraucht habe,
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machte ich gewohnheitsmäßig die Packung auf
und wollte für Ihn eine Zigarette herausnehmen.
>>Meinst du, ich zieh meine Maske ab?<<
fragte er und rauchte noch nicht.
Während die Fahrt nun weiterging,
musste ich Ihm noch einmal das Auto-Commandsystem erklären.
Dabei sah ich, dass der Wagen noch Sprit für 281 Kilometer hatte…
Irgendwann kamen wir dann in einem Waldgebiet in Leichlingen an.
Ich redete und redete auf Ihn ein.
Sagte mir immer wieder selbst:
>>Lass Ihn keinen klaren Gedanken fassen<<.
Mittlerweile hatte ich so eine –
wie ich schon erwähnt hatte- so was wie eine Mutterbasis aufgebaut.
Ich merkte, er kämpfte mit sich,
ob er mich nun leben lassen soll oder nicht!
Warum soll er sich so viel Mühe machen
und so lange mit mir durch die Gegen fahren?
Er hatte doch bereits seine Chance!
Dann fand er einen Parkplatz im Waldgebiet.
Von dort führte eine kleine Straße Berg auf.
In dieser Straße stoppte er das Taxi
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und befahl mir aus zu steigen.
>>Na endlich<<
ging es mir durch den Kopf.
Wir stiegen beide aus und er verschloss das Auto.
Dann befahl er mir, Ihm zu folgen.
Ich umklammerte meine Tasche noch fester.
Mein Gehirn lief auf Hochtouren.
>>Warum schließt er das Auto ab? Was soll das?<<
Er sah einen Wanderweg oder so und zwang mich,
mit Ihm dort hinein zu gehen. Ich sagte zu Ihm, da gehe ich nicht rein
und hing mich an seinen linken Arm,
da ich sah, das er irgend was fummelte.
Dachte er lädt die Pistole oder so.
In diesem Augenblick überfiel mich alle Angst der Welt auf einmal.
>>Warum geht er mit mir in diesen Wald?<<

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