GABIS GESCHICHTE 5


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Hier musste ich dann erst einmal im Flur Platz nehmen und warten.
Bis sich endlich jemand meiner annehmen konnte.
Ich möchte hier niemanden weh tun oder auf die Füße treten
will aber verständlich machen, was ich gefühlsmäßig erlebt habe.
So eine lange Nacht mit dieser grauenvollen Angst und dann diese Prozedur.
Irgendwann kam man dann und ich musste zum Erkennungs Dienst
oder wie man so was nennt.
Dort musste ich mich an eine Wand stellen und wurde dann von jeder Seite fotografiert.
Nu ja – nicht, wie man denken könnte.
Es fehlte ja wenigstens die Verbrechernummer.
Meine Hände und mein Rücken wurden ebenfalls fotografiert, um die Verletzungen zu dokumentieren.
Zwischendurch zog ich mir die Dornen aus meinen Händen.
Es tat weh und störte sehr. Danach kam der Speicheltest.
DNA. Dann endlich durfte ich mal meinen Partner anrufen.

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aber auch nur,
damit er mir andere Abziehsachen brachte.
Im Anschluss von diesen tollen  Telefonat wurde jeder einzelne Fingernagel untersucht.
Von jedem Fingernagel ein Probe ins Röhrchen.
Anschließend musste ich die Kleidung ausziehen.
Ich bekam dann mit, dass in der Zwischenzeit wohl mein Partner mit der neuen Bekleidung gekommen war.
Während der langen Erkennungs- dienstlichen Prozedur habe ich mich so Einsam gefühlt,
das ich ein sehr starkes Bedürfnis nach den Armen meines Partners hatte.
Ich brauchte Ihn jetzt – unbedingt.
Aber nein.
Abgeschirmt wurde ich, als wäre ich eine Schwerverbrecherin. War das ein schäbiges Erlebnis.
Dann endlich waren die ganzen Untersuchungen zu Ende.
Ich folgte irgend jemanden über einen langen Flur,
als ich da plötzlich meinen Partner sah.
Ich freute mich und wollte einfach nur, das er bei mir blieb und mich in
seinen Arm nahm
– aber nein –
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jetzt musste ich noch zur Vernehmung.
Weder mein Partner, noch mein Chef Rainer
der in der Zwischenzeit auch gekommen war, durfte mit.
Mein Partner murrte zwar, in welchem Zustand und in welcher Verfassung ich denn war,
aber das war den Beamten wohl egal. Es störte niemanden.
Ich musste allein da durch.
Die Vernehmung dauerte ungefähr vier große, per Hand getippte DIN A 4 Seiten.
Jetzt wurde ich endlich mal gefragt, ob ich einen Kaffee wolle
Den lehnte ich dann aber ab, obwohl ich auf diesem Stuhl,
auf dem ich saß, mittlerweile fast einschlief.
Ich war froh, als die Vernehmung endlich fertig war und
Ich dachte ich könnte nun nach Hause.
Aber nix da!
Es hieß:
>>Jetzt müssen wir noch nach Beyenburg<<.
Die erste Zwischenstation meiner Odyssee mit dem Maskierten.
>>Tolle Wurst!<<
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Mittlerweile wusste ich schon nicht mehr
ob ich Männlein oder Weiblein war und sollte nun auch noch nach Beyenburg?
Aber es half nichts.
So bei Tageslicht sah es im Wald ganz anders aus.
Nun war das auch erledigt. So gegen 13.00 Uhr durfte ich dann endlich nach Hause.
Ich schlief Traumlos bis in die Abendstunden.
Zum Abendessen ging ich mit meinem Partner aus.
Zu den Kollegen, mit denen wir uns sonst auch immer zum Essen trafen.
Ich muss sagen, ich war überwältigt.
Alle nahmen mich in den Arm und ich bekam einzelne Rosen und Pralinen.
Die Situation raubte mir erst mal die Stimme.
Auch jetzt noch muss ich sagen, das ich mich sehr freute über die hohe Anteilnahme der Kollegen.
Es tat meiner Seele sehr gut.

Als ich nach einigen Tagen wieder arbeiten konnte, hatte ich eine ältere Dame als Fahrgast.
Sie hatte wohl im Fernsehen mitbekommen, was passiert war
fragte mich, als Taxifahrerin, ob ich keine Angst hätte,
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nachdem was da vorgefallen war. Nichts ahnend, das ich diese Fahrerin war.
Als ich ihr dann sagte, das ich eben die war, um die es ging, meine sie:
>>Ach Kindchen. Das tut mir ja so Leid. Als ich das gehört habe,
kamen mir schon die Tränen. Kindchen Pass bloß auf dich auf!<<
Aber auch über die Reaktionen der anderen Wuppertaler Fahrgäste bin ich erfreut und erstaunt.
Im Großen und Ganzen haben mir die vielen Kollegen, Fahrgäste
Verwandte und vor allen Dingen mein Partner sehr geholfen.
Sie gaben mir gute Ratschläge oder hörten einfach nur zu.
Sie alle halfen mir, dass ich mit dem Erlebten fertig wurde ,
meinen Job weiter ausüben kann.
Ok, es gibt da Momente, wo ich merke, dass ich noch daran arbeiten muss
aber ich glaube schon, dass ich es schaffen werde, mein Erlebnis zu verarbeiten.
Aber leider, wie es nun mal so ist, gab es auch dummes und böses Kollegengerede.
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Meiner Ansicht nach sind das jedoch die, die mit ihrem Leben selber nicht zurecht kommen.
Die Sorte Menschen, die meinen, noch Salz in die Wunde streuen zu müssen.
Eine große Enttäuschung war die Radiosendung Taxidriver
die Freitags von zwei Kollegen gebracht wurde.
In dieser Sendung wurde öffentlich Zweifel an meinem Fall geäußert.
Ich überlegte sogar, gerichtliche Schritte dagegen einzuleiten.
Denn ich fand, es war keiner der
>>lieben Kollegen<<
während meiner Horrorfahrt dabei.
Wie können sich die Leute,
die nicht einmal meine Geschichte gelesen oder gehört haben, in dieser Art äußern?
Ich möchte nun so langsam zum Ende kommen.
Ach noch etwas.
Einen Rat kann man keinen Taxifahrer geben,
denn jeder reagiert in solchen Situation anders
als er vorher vielleicht denkt, denn die Sache kommt dann auch anders
als man denkt.

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Am Montag nach dem Überfall musste ich noch einmal mit zwei Kriminalbeamtinnen nach Leichlingen
– alles noch einmal abfahren.
Soweit habe ich auch alles wieder gefunden.
Die Beamtinnen waren sehr nett und wussten ja um meine Geschichte und was ich erlebt hatte.
Und eine von Ihnen witzelte ein wenig und meinte:
>>Tja, der liebe Gott wollte Sie noch nicht haben.
Der hatte Angst, dass Sie Ihn auch voll reden<<.
Ich fand das süß, wusste ich doch, wie es gemeint war.
Ich selber glaube, dass ich durch mein Gerede noch am Leben bin. Ist ja nicht so, als ob wir Frauen viel reden würden, nein.
Hätte… der Täter  vorne auf dem Beifahrersitz gesessen,
wäre er durch die Scheibe gegangen …alles Spekulationen, wo man nicht drauf bauen kann.
Und ich kann mich bestimmt wehren, das kann man mir glauben.
Ich bedanke mich noch einmal bei allen Kolleginnen und Kollegen
Freundinnen und Freunden, Verwandten, Fahrgästen
meinem Partner und meinem Schutzengel.

Viele Grüße.
P.S.
Vielleicht steigt Ihr ja irgendwann mal in dem Taxi, welches ich fahre , ein.
So, und jetzt geht es  mir besser, wo ich mal alles auf Papier gebracht habe. Schöne Grüße
Gabi Ackermann

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